Remix vor Gericht

Präambel von Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer (geb. 1971) ist Rechtsanwalt, Publizist und Rechtswissenschaftler. Er ist Gründungsmitglied und Redaktionsleiter von iRights.info.

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@iRightsinfo

Remix und Urheberrecht stehen in einem Spannungsverhältnis. Nicht, dass es das Urheberrecht nicht zuließe, Musik, Filme oder Texte neu zu arrangieren, zu kombinieren oder in einen neuen Kontext zu stellen. Aber es stellt hierfür hohe Hürden auf. Insbesondere nach dem kontinentaleuropäischen Urheberrecht („Droit D’Auteur“) mit seinem stark auf die Schöpferpersönlichkeit abzielenden Schutzansatz muss ein Remixer für jedes verwendete Werk, jeden verwendeten Schnipsel eine individuelle Erlaubnis vom jeweiligen Rechteinhaber einholen. Ansonsten darf der Remix nicht öffentlich gezeigt, geteilt, zugänglich gemacht werden. Die individuelle Rechteklärung ist im besten Fall mühselig und teuer, im schlimmsten Fall unmöglich. Gerade bei audiovisuellen Remixes, wie z. B. Videokollagen, sind so viele Einzelrechte involviert, dass der Aufwand in der Regel nicht zu leisten sein wird. Insbesondere wenn es sich bei dem Remix nicht um eine kommerzielle Produktion, sondern um ein Kunstprojekt oder schlicht die kreative Arbeit eines Prosumers handelt.

Der Remix wird also nach europäischem Urheberrechtsverständnis nicht uneingeschränkt als eigenständiges Werk anerkannt. Er kann zwar urheberrechtlich geschützt sein, seine Veröffentlichung bedarf aber der Zustimmung Dritter. Ob die Inhaber der Rechten an den gemixten Werken zustimmen, können sie frei entscheiden. Damit wird der Remix gegenüber dem „Original“ in diesem Teil der Welt rechtlich erheblich benachteiligt. Eine angesichts der Bedeutung des Remix’ als Kulturtechnik erstaunliche Erkenntnis.

Nach US-amerikanischem Recht (Copyright) hingegen dürfen Remixe in vielen Fällen ohne weitere Gestattung, ohne Verträge, ohne Lizenzgebühren veröffentlicht werden. Der Grund hierfür ist nicht etwa ein anderes Kulturverständnis, sondern ein ganz profaner. Das US-copyright urteilt – anders als das europäische Urheberrecht – nicht idealistisch, sondern utilitaristisch. Kurz gesagt: Richtet der Remix ökonomischen Schaden (für den Rechteinhaber am Original) an, ist er verboten, wenn nicht, ist er erlaubt. Ob das kulturell betrachtet der richtige oder auch nur ein guter Grund ist, mag man bezweifeln; immerhin aber schafft die Rechtslage Raum für die Legitimation einer der wichtigsten Kulturpraktiken des 21. Jahrhunderts.

In der Sektion Recht des Remix-Museums werden Rechtsstreitigkeiten um Remixe exemplarisch vorgestellt. Hiermit soll unter anderem die rechtlich-kulturelle Asymmetrie in Europa veranschaulicht und soll aufgezeigt werden, wo die Grenze zwischen legitimen und illegitimen Remixen in verschiedenen Rechtsordnungen angesiedelt ist. Dies ist eine ebenso zentrale wie schwierige Frage für die Remix-Kultur, auf die es keine universelle Antwort gibt. So ist „Ideenklau“ beispielsweise keine Urheberrechtsverletzung – Ideen sind frei. Die Grenzen zwischen einer – abstrakten – Idee und einem konkret geschützten Werk(teil) können jedoch fließend sein, wie sich beim Schutz von Storylines und Fabeln, z. B. gegen unautorisierte Fortsetzungsromane zeigt.

Das diesem Bereich zugrundeliegende Remix-Verständnis könnte man beschreiben als: Ein Remix ist ein Werk, das erkennbar andere Werke oder Werkteile enthält und diese in einen neuen, eigenständigen Kontext stellt. Hiermit ist gewährleistet, dass der Remix von der Coverversion abgegrenzt werden kann, einer – nicht nur aus rechtlicher Sicht – anders gelagerten Kategorie von kreativer Nachschaffung. Erfasst werden dagegen auch Musikstücke, die Samples enthalten. Ob dies einer kulturellen Begriffsbestimmung Stand hielte, mag dahinstehen. Aus rechtlicher Sicht verdienen die Sampling-Fälle unbedingt Erwähnung. Gerade sie haben die Rechtslage zum Remixing in der Vergangenheit erheblich geprägt.

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