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Lawrence Lessig vs. Liberation Music

 

Datum 2013
Land USA / Neuseeland

Rechtliche Auseinandersetzungen über die nicht-lizenzierte Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material gibt es viele. Die weitaus meisten Fälle, wie vor allem Verbraucherabmahnungen, landen jedoch nie vor Gericht und werden öffentlich auch nicht bekannt. Anders im vorliegenden Fall, in dem sich ein ahnungsloser Mitarbeiter eines Plattenlabels mit einem berühmten Urheberrechtsprofessor und Experten für freie Kultur anlegte.



Der Fall

Der bekannte Rechtsprofessor Lawrence Lessig von der Harvard Universität ist wohl der international bekannteste juristische Vorreiter der Remix-Kultur. Er hat unter anderem die Initiative Creative Commons gegründet, die es jedermann ermöglicht, urheberrechtlich geschützte Werke wie Musik, Filme, Texte oder Bilder rechtlich wasserfest zur freien Verwendung zur Verfügung zu stellen.

Im Juni 2010 hielt Lessig auf einer Creative-Commons-Konferenz in Süd-Korea einen Vortrag über freie Kultur. Hierin zeigte er einige kurze Amateur-Video-Clips von Menschen, die zu dem Song „Lisztomania“ der französischen Band Phoenix tanzten. Hiermit wollte er gewisse Praktiken kultureller Internet-Kommunikation veranschaulichen. Eine Videoaufzeichnung des Vortrags wurde bei YouTube gepostet.

Das Label Liberation Music, das Phoenix in Neuseeland vertritt, ließ das Vortragsvideo daraufhin wegen angeblicher Copyright-Verletzung bei YouTube sperren. Als Lessig sich mit Unterstützung der Electronic Frontier Foundation (EFF) und einer amerikanischen Anwaltskanzlei wehrte und bei YouTube unter Verweis auf das Fair-Use-Prinzip Widerspruch einlegte, drohte ihm das Unternehmen mit Klage. Lessig klagte dann seinerseits vor einem Gericht in den USA auf Feststellung, dass seine Nutzung „Fair Use“ im Sinne des US Copyright Act sei.

Man vergleicht sich

Letztlich gab Liberation Music klein bei und einigte sich mit Lessig auf einen Vergleich. Man räumte ein, dass für Sperrungen bei YouTube lediglich eine Person zuständig gewesen sei, die keine juristischen Kenntnisse habe und daher keine rechtlichen Prüfungen anstellen würde, bevor solche Maßnahmen ergriffen werden. In dem Vergleich verpflichtete sich das Label, solche Fälle in Zukunft gründlicher, auch rechtlich, zu prüfen. Nutzungsfreiheiten wie Fair Use und Fair Dealing würden künftig angemessen respektiert. Zudem wurde ein Geldbetrag an die EFF gezahlt dessen Höhe geheim gehalten wird.

Was lernt man daraus?

Dass die Sache so ausgegangen ist, ist sicherlich vor allem dem Umstand geschuldet, dass Lawrence Lessig ein äußerst bekannter international anerkannter Experte und Aktivist ist. Der Umstand, dass er sich mithilfe einer schlagkräftigen Bürgerrechtsorganisation und einer internationalen Anwaltskanzlei gewehrt hat, tat wohl auch sein Übriges.

Solche Möglichkeiten sind den Betroffenen jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben. Täglich werden hunderttausende von Nutzern mit rechtlichen Schritten bedroht und ihre Inhalte aus dem Netz entfernt. In den weitaus meisten Fällen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als klein bei zu geben, Geldforderungen zu bezahlen ohne sich zu wehren und weitreichende Unterlassungserklärungen abzugeben. Mit rechtlichen Mitteln werden Kreativität unterdrückt und kulturelle Leistungen aus dem öffentlichen Gedächtnis getilgt. Kann dies im Sinne des Urheberrechts sein?

Titelbild: Joi ItoLawrence Lessig freesouls (CC-BY 2.0)

Zum Autor:
Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer (geb. 1971) ist Rechtsanwalt, Publizist und Rechtswissenschaftler. Er ist Gründungsmitglied und Redaktionsleiter von iRights.info.

www.irights-law.de
@iRightsinfo



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