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Shepard Fairey vs. Associated Press

 

Datum 2008/2009
Land USA

Dass ein bekannter Künstler von einer mächtigen Presseagentur wegen Copyright-Verletzung angegangen wird, der dann in die Gegenoffensive geht, ist für sich genommen schon ein ungewöhnlicher Fall. Wenn dieser schließlich mit der Ankündigung endet, man wolle in Zukunft zusammenarbeiten, klingt es fast nach einem Märchen.



Der Fall

Im Jahr 2008 bot der bekannte US-amerikanische Street-Art-Künstler, Grafiker und Illustrator Shepard Fairey US-Präsident Barack Obama an, seinen Wahlkampf zu unterstützen. Er bekam die Erlaubnis und fertigte zwei Plakate, eines mit der Aufschrift „Progress“ und eines mit „Hope“. Diese sollten nach Faireys Vorstellung von ihren Erwerbern im ganzen Land verteilt werden.

Die erste Auflage der gedruckten Plakate war schnell ausverkauft. Fairey investierte die Einnahmen in den Druck weiterer Plakate und Sticker. Tausende wurden im ganzen Land verklebt. Im Netz verbreitete sich die Grafik in Windeseile und wurde millionenfach geteilt. Damit nicht genug: Faireys Vorlage wurde schnell zu einem Internet Meme. Inspiriert von dessen Arbeit erschufen hunderte, vielleicht tausende Kreative Varianten auf denen zumeist andere Personen mit Botschaften versehen abgebildet sind. Mittlerweile ist das Pop-Art Poster von Shepard Fairey ein berühmtes ikonisches Kunstwerk, das unter anderem in der National Portrait Gallery in Washington hängt.

Vorbild für Faireys Grafik war ein Foto, das ein freischaffender Fotograf im Auftrag der Presseagentur Associated Press (AP) gemacht hatte. AP reklamierte daher das Copyright für sich und wandte sich 2009 an Faireys Anwalt, um eine rechtliche Einigung zu erzielen. Der Fotograf des Bildes, Mannie Garcia, sagte dagegen auf Nachfrage, dass er stolz darauf sei, dass sein Foto die Grundlage für das berühmte Poster wurde. Fairey selbst ging in die Offensive und verklagte AP vor einem US-Gericht. Es möge feststellen, dass seine Handlungen vom Fair-Use-Prinzip des US Copyrights gedeckt und damit zulässig seien.

Am Ende verglichen sich der Künstler und die Presseagentur. Fairey hätte den Prozess beinahe verloren, weil er vor Gericht gelogen und Beweismaterial vernichtet hatte. Er war daher in einer schlechten Position, die mit der eigentlichen Rechtsfrage, ob seine Nutzung durch Fair Use geschützt war, nichts zu tun hatte. Er verpflichtete sich im Vergleich, kein Material mehr von AP ohne Lizenz zu nutzen, auch werde man sich die Rechte an dem Hope-Plakat zukünftig teilen. Zudem wurde eine finanzielle Vereinbarung getroffen, deren Inhalt geheim gehalten wird.

Das Kurioseste an dem Deal ist jedoch, dass beide Seiten vereinbarten, gemeinsame eine Posterserie zu erstellen, die auf Fotos von AP basieren.

Ende gut, alles gut?

Der Streit zwischen Shepard Fairey und AP mag ausgegangen sein, wie ein Märchen. Künstler und Rechteverwerter ziehen an einem Strang, statt miteinander zu streiten. Einer der Hauptgründe für diesen Ausgang, ist dabei sicherlich die gegenüber Remixes und freiem Schaffen (verhältnismäßig) tolerante Rechtslage in den USA. Aufgrund des Fair-Use-Prinzips hatte Fairey durchaus gute Chancen – wäre nicht sein Fehlverhalten vor Gericht gewesen – den Rechtsstreit zu gewinnen. Nach deutschem und europäischem Urheberrecht hätte AP wenig Anlass für einen solchen Vergleich gehabt. Da es hier keine Regelung gibt, die die Kunstfreiheit vor überbordenden Urheberrechten schützt, wäre das Hope-Poster rechtswidrig und hätte wahrscheinlich ohne weiteres verboten werden können. Ein weiterer Fall, der Bedeutung und Notwendigkeit eines europäischen Rechts auf Remix belegt.

Titelbild: Screeenshot Google Bildsuche „Obama Hope“

Zum Autor:
Till Kreutzer

Dr. Till Kreutzer (geb. 1971) ist Rechtsanwalt, Publizist und Rechtswissenschaftler. Er ist Gründungsmitglied und Redaktionsleiter von iRights.info.

www.irights-law.de
@iRightsinfo



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